Vor dem Hintergrund ihrer Verantwortung für Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt richten Versicherungsunternehmen ihr Augenmerk vermehrt auf Nachhaltigkeit als Teil ihrer strategischen Unternehmensführung. Hierbei berücksichtigen sie sowohl umwelt- und sozialbezogene Aspekte als auch eine verantwortungsbewusste Unternehmensführung.
In der mit der msg systems AG durchgeführten Studie „Das Nachhaltigkeitsbarometer” untersuchte die V.E.R.S. Leipzig GmbH im Rahmen des German Sustainability Networks, mit welchen Schritten Versicherungsunternehmen ihrer Nachhaltigkeitsverantwortung gerecht werden. Von April bis Dezember 2022 wurden hierfür die Nachhaltigkeitsaktivitäten der 25 größten deutschen Versicherungsunternehmen – darunter etwa die Allianz, Axa, Generali, ERGO und Zurich – erfasst. Bei der Erfassung wurden frei zugängliche Informationen – wie insbesondere die Nachhaltigkeitsberichte sowie Presseinformationen – als Datenbasis zugrunde gelegt, die von den Unternehmen validiert und ergänzt wurden. Daraus wurde zum einen eine vergleichende Analyse der Nachhaltigkeitsaktivitäten erstellt (Querschnittsanalyse). Zum anderen wurde zu jedem untersuchten Versicherer ein ausführliches Nachhaltigkeitsprofil entwickelt, das detaillierte Informationen zu den unternehmensindividuellen Nachhaltigkeitsaktivitäten gibt (Längsschnittanalyse).
Organisatorische und strategische Ausrichtung
In 23 der untersuchten Unternehmen gibt es eine hauptverantwortliche Person für die Bearbeitung des Themas Nachhaltigkeit; 22 von ihnen haben hierfür eine:n Nachhaltigkeitsbeauftragte:n ernannt. Ebenfalls 23 Unternehmen haben ihre Ziele und Bestrebungen bereits in einer (separaten) Nachhaltigkeitsstrategie verankert. Die Ergebnisse zeigen also, dass sich die Branche aktiv mit dem Thema auseinandersetzt und entsprechende Strukturen geschaffen hat. Dies sowie die Einbindung der Nachhaltigkeitsverantwortlichen in verschiedene Abteilungen und Ressorts, wie beispielsweise im Nachhaltigkeitsmanagement, in der Unternehmenskommunikation oder auf CEO-Ebene deutet darauf hin, dass das Thema Nachhaltigkeit in vielen Häusern im gesamten Unternehmen verankert ist und nicht nur in einem isolierten Bereich oder einer gesonderten Abteilung behandelt wird.
Nachhaltigkeitsberichterstattung
Insgesamt 21 der 25 betrachteten Versicherungsunternehmen haben im Jahr 2021 einen gesonderten nichtfinanziellen Bericht für ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten erstellt. Fast alle diese Berichte wurden auf Basis von internationalen Standards bzw. Rahmenwerken erstellt, wobei sich zehn Unternehmen an der Global Reporting Initiative und neun Unternehmen am Deutschen Nachhaltigkeitskodex orientierten. Es zeigten sich jedoch Unterschiede in den kommunizierten Inhalten: Während große, international tätige Versicherer ihre Rolle als Transformatoren der Wirtschaft hervorheben, liegt der Fokus der vergleichsweise kleineren Häuser sowie der öffentlichen Versicherer eher auf der Nachhaltigkeit im eigenen Unternehmen und dem Engagement für Mitarbeiter:innen, Kund:innen und Gesellschaft.
Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage
Gerade in der Kapitalanlage sind die Nachhaltigkeitsambitionen zur Reduktion der Treibhausgasemissionen der Versicherer bereits weit vorangeschritten, so die Ergebnisse der Studie. Alle Unternehmen berichten, dass sie bereits Maßnahmen zur CO2-Reduktion ergriffen haben. Dabei beziehen sie sich unter anderem auf die Prinzipien und Zielvorgaben der Principles for Responsible Investment (PRI), der Net-Zero Asset Owner Alliance (NZAOA) oder der Nachhaltigkeitspositionierung des GDV. Der überwiegende Teil der Unternehmen setzt auf Ausschlusskriterien: 24 Unternehmen haben Ausschlüsse für kontroverse und/oder konventionelle Waffen, kohlebasierte Geschäftsmodelle und/oder Infrastrukturen sowie Verstöße gegen Arbeits- bzw. Menschenrechte definiert. Ein Unternehmen verzichtet auf explizite Ausschlüsse zugunsten einer hinreichenden Diversifikation und integriert stattdessen Risikoanalysen zur Nachhaltigkeit im Investmentprozess. Die Studie zeigt auch, dass 21 Versicherer nachhaltigkeitsbezogene Ratings und/oder Indizes im Rahmen ihres Investmentprozesses berücksichtigen und dabei am häufigsten auf Daten und Dienstleistungen von MSCI ESG Research zurückgreifen.
Unterschiedliche Ziele im Underwriting
Die untersuchten Versicherungsunternehmen verfolgen sehr unterschiedliche Ziele im Underwriting. Während einige Häuser bis spätestens 2050 Klimaneutralität im Versicherungsportfolio erreichen möchten, setzen andere zunächst auf eine schrittweise Integration von ESG-Kriterien bis zum Jahr 2025. Im Fokus steht dabei das Zeichnen von Risiken, die eine positive ökologische Wirkung erzielen können, insbesondere im Bereich erneuerbare Energien. Allerdings berichten nur wenige Unternehmen über Impact Underwriting mit positiver sozialer Wirkung, z. B. Versicherungslösungen für strukturschwache Regionen und Schwellenländer. Ausschlusskriterien im Underwriting werden von neun Versicherern definiert, wobei kohle-, öl- und gasbasierte Geschäftsmodelle sowie Geschäftspraktiken mit kontroversen Waffen am häufigsten genannt werden.
Die Studie können Sie hier erwerben.