Run-offs bei Bestandsverträgen zur Altersvorsorge – Beteiligung der Kunden an den Überschüssen

Grundsätzlich gilt es festzuhalten, dass sich durch den Run-off nichts an den vertraglichen und gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Kunden ändert. Etwaige Garantien müssen weiterhin erfüllt werden und auch die Überschussbeteiligung hat bei den Risiko- und Kapitalanlageüberschüssen mindestens in Höhe von 90 % sowie bei den anderen Überschüssen („Kostengewinnen“) mindestens zu 50 % zu erfolgen. Weiterhin werden auch diejenigen Versicherer, die Verträge der im Run-off befindlichen Unternehmen übernehmen, von der BaFin beaufsichtigt und unterliegen Solvency II. Spielraum besteht für die Run-off-Gesellschaften nur bei der freiwilligen Zuteilung der Überschüsse, die über die gesetzliche Mindestbeteiligung hinausgehen. Aufgrund der durch die effizientere Bestandsverwaltung und den Wegfall der Vertriebskosten erhöhten Überschüsse könnte sich die Überschussbeteiligung für die Versicherungsnehmer auch dann erhöhen, wenn nur noch das Mindestmaß geleistet wird. Trotz einer geringeren relativen Zuführungsquote könnte die absolute Überschussbeteiligung für die Kunden also steigen.

Ein Anhaltspunkt, der die These einer höheren absoluten Überschussbeteiligung für Kunden von Run-off-Versicherern stützt, findet sich bei Betrachtung der RfB-Zuführungsquote. Durch die vorsichtige Kalkulation der Versicherungsprämien entstehen regelmäßig Überschüsse, an denen die Versicherungsnehmer nach dem o. g. Zuteilungsschema zu beteiligen sind. Der Großteil der Überschüsse wird jährlich der sogenannten Rückstellung für Beitragsrückerstattung (RfB) zugeführt und in den Folgejahren den Versicherungsnehmern zugeschrieben. Die RfB spiegelt somit die künftigen Ansprüche der Versicherungsnehmer an den Überschüssen wider. Zu unterscheiden sind dabei die gebundene und die freie RfB: Im Unterschied zur gebundenen RfB wurde die freie RfB noch nicht konkret den einzelnen Verträgen zugeordnet. Sie dient als Sicherheit, um Schwankungen im Rohüberschuss auszugleichen und so eine konstante Beteiligung an den Überschüssen gewährleisten zu können.

Da die Zuführungen zur RfB einen Indikator für die Partizipation der Versicherungsnehmer an den Überschüssen der Versicherer liefern, sind die Versicherungsnehmer an einer möglichst hohen Dotierung interessiert, während die Unternehmen tendenziell bestrebt sind, ihren Ausschüttungs- oder zu thesaurierenden Gewinn zu steigern. Abgesehen davon ist die RfB-Zuführung natürlich auch ein Faktor im Wettbewerb auf dem Versicherungsmarkt, dem die Unternehmen ausgesetzt sind. Dies gilt auch für Run-off-Unternehmen, die zwar nicht bei der Gewinnung von Neukunden in Konkurrenz stehen, für die sich eine sehr geringe Zuführung jedoch negativ auf die Reputation und damit auf in der Zukunft liegende Transaktionsmöglichkeiten auswirken könnte. Die Festlegung der Überschussbeteiligung stellt daher eine Gratwanderung dar, um die verschiedenen Interessen der Versicherungsunternehmen (bzw. ihrer Träger) und Versicherungsnehmer ins Gleichgewicht zu bringen.

Die Zuführungen zur RfB hängen stark mit der Größe des betrachteten Unternehmens zusammen, weshalb die Verwendung absoluter Zahlen kein geeignetes Maß darstellt. Die Zuführungen wurden daher ins Verhältnis zu den verdienten Bruttobeiträgen gesetzt. Die Run-off-Unternehmen haben die RfB mit einer durchschnittlichen Zuführungsquote von 10,67 % im Schnitt etwas mehr dotiert als die restlichen Unternehmen (8,12 %). Allerdings schwankt die Quote des Run-off-Markts deutlich stärker als im Restmarkt. Für die Run-off-Versicherer liegt sie zwischen 6,4 % und 18,5 %. Im gleichen Zeitraum schwankt die Quote der Nicht-Run-off-Versicherer nur zwischen 7,4 % und 9,2 %. Eine auffällig hohe Quote liegt bei den Run-off-Versicherern in den Jahren 2017 mit 12,26 % und 2018 mit 18,45 % vor; vornehmlich zurückzuführen auf die Entis Lebensversicherung AG (73,61 % im Jahr 2017 und 2018 94,74 % in 2018) sowie die Athora Lebensversicherung AG (36,10 % im Jahr 2018). Ursächlich für die hohe Zuführung zu den RfB sind bei beiden Versicherern die hohen Überschüsse, an denen die Versicherungsnehmer beteiligt werden müssen. Bei der Entis Lebensversicherung AG sind diese wiederum vor allem auf die Auflösung der Deckungsrückstellung – genauer der Verwaltungskostenrückstellung – zurückzuführen. Bei der Athora Lebensversicherung AG hat eine neu abgeschlossene Rückversicherungslösung zu hohen Überschüssen geführt.

Die Analyse der RfB-Zuführungsquote zeigt also, dass im Durchschnitt die Beteiligung der Kunden von Run-off-Versicherern durch die Zuführung zur RfB höher ausfällt. Da der Run-off im Lebensversicherungsmarkt allerdings noch relativ jung ist und die Quote bei den Run-off-Versicherern stark schwankt, gilt es die Entwicklung abzuwarten. Die Momentaufnahme zeigt aber zunächst ein positives Bild für die durchschnittliche Quote der Run-off-Versicherer.