#fredwagner mit Christoph Bohn

Schwerpunktthema des Diskurses war die Altersversorgung. Speziell wurde über die Situation in der gesetzlichen Rentenversicherung und die Chancen und Herausforderungen in der betrieblichen Altersversorgung debattiert – um dann auch noch einen Blick auf die betriebliche Krankenversicherung werfen. Die Diskutanten waren sich von vornherein in einem Punkt einig: angesichts unserer alternden Gesellschaft muss die schon lange bekannte Problematik im Bereich der Altersvorsorge dringend gelöst werden.

Diskutiert wurden zunächst Perspektiven für die GRV, die sich zwischen folgenden Alternativen bewegen könnten:

  • signifikant steigende Rentenversicherungsbeiträge und/oder
  • signifikant sinkende Rentenleistungen und/oder
  • ein signifikant steigendes Eintrittsalter in die gesetzliche Rente und/oder
  • signifikant steigende Bundeszuschüsse in die GRV.

Schon heute liegt der Bundeszuschuss in die GRV summa summarum bei über 106 Mrd. EUR (Betrag in 2021), was über 30 % der Gesamteinahmen der GRV und 20 % des gesamten Bundeshaushalts ausmacht. Im Koalitionspapier der Bundesregierung findet sich keine Deckelung der künftigen Bundeszuschüsse. Wird damit die GRV künftig zunehmend steuer- oder besser gesagt schuldenfinanziert? Bleibt es dabei, dass sich die Bürger keine Sorgen um ihre Rente machen müssen (Norbert Blüm, Mitte der 1990er Jahre: „Die Rente ist sicher!“). Oder kann mit Einführung einer sog. Aktienrente ein substanzieller Beitrag zur Lösung der Finanzierungsproblematik in der GRV erreicht werden?

Im weiteren Verlauf diskutierten beide zu den Konzepten und Weiterentwicklungspotenzialen der betrieblichen Altersversorgung. „Weder ist die Verbreitung zufriedenstellend, noch kann die durchschnittliche Höhe der betrieblichen Altersversorgung überzeugen“, so Prof. Fred Wagner. Woran dies denn liege, wollte Wagner wissen.

Einig waren sich beide, dass das System der bAV mit den verschiedenen Durchführungswegen viel zu komplex sei. Welche Rahmenbedingungen sind zu verbessern sind, um die Wirksamkeit noch weiter zu erhöhen, was wünsche man sich vom Gesetzgeber und welche Hausaufgaben liegen in der privaten Versicherungswirtschaft im Allgemeinen und bei der ALH-Gruppe im Besonderen, wurde Herr Bohn von Wagner gefragt.

Mit dem Gesetz zur Stärkung der Betrieblichen Altersversorgung hat der Gesetzgeber vor wenigen Jahren nun einen weiteren Versuch gestartet. Ist das Sozialpartnermodell eine gute Idee? „Der Erfolg ist bislang aber mau, nicht wahr?“, so Prof. Wagner.

Als ein neues Konzept zur Stärkung der privaten Vorsorge hat die private Versicherungswirtschaft, repräsentiert durch den GDV, die sog. „Bürgerrente“ vorgeschlagen. Was hat die Assekuranz dazu getrieben, das Konzept vorzuschlagen? War es die Einsicht, dass „Riester“ nicht zu halten ist, wollte Prof. Wagner von seinem Gast wissen.

Irgendwie klingt die „Bürgerrente“ nach einer „eierlegenden Wollmilchsau“. 1. Sie soll weiterhin Sicherheit geben und gleichzeitig renditestark sein. Die Sicherheit soll durch einen garantierten Kapitalerhalt von aber nur noch 80 Prozent der geleisteten Beiträge zum Rentenbeginn gewährleisten, was gleichzeitig die Spielräume bei der Kapitalanlage unter Haftungsreduzierung der Produktgeber erhöht. 2. Die Bürgerrente soll die Altersversorgung lebenslang sichern, aber gleichzeitig auch anderen Zwecken dienen können. Zwar soll die Verrentung des angesparten Vermögens ein Kernelement der Bürgerrente bleiben, aber dennoch die Verwendung des angesparten Vermögens in der Rentenphase flexibilisieren – offenbar um die Akzeptanz bei den Sparern und Versicherten zu fördern. So soll über die schon heute mögliche Teilauszahlung von 30 Prozent des Vermögens bei Rentenbeginn hinaus noch eine Rentengarantiezeit von z.B. 10 Jahren gelten, um auch den Hinterbliebenen noch Gutes tun zu können.

„Wofür steht denn dann die Bürgerrente im Kern, und glauben Sie, mit diesen Gestaltungsmerkmalen ist sie aus staatlicher Sicht ernsthaft förderfähig?“, fragt Prof. Wagner

Worin liegt insgesamt die Botschaft der Regierung an die Produktgeber in der betrieblichen und privaten Altersvorsorge? Müssen Versicherer nicht Sorge haben, dass der Staat generell eher die gesetzliche Rentenversicherung wieder stärken möchte, und die betriebliche und private Altersvorsorge hintenanstellt? Was hat die private Versicherungswirtschaft falsch gemacht, wenn sie in die „Fokusgruppe private Altersvorsorge“, ein Expertengremium, das der Bundesregierung Vorschläge für die Optimierung der Altersvorsorgekonzepte unterbreiten soll, gar nicht erst eingeladen  wurde?

Ansehen können Sie sich das gesamte Interview mit Herrn Christoph Bohn hier: