Die Versicherungswirtschaft und die „Corona-Krise“: Jeder macht, was er am besten kann – ein Kommentar.

Zwar ist auch die Assekuranz vielseitig betroffen und muss sich nicht nur qua Geschäftsmodell als Krisenmanager für die Versicherten beweisen, sondern auch das eigene Geschäft dieser Tage sehr flexibel steuern. Jedoch ist die Versicherungswirtschaft aufgrund der Immaterialität der schutzversprechenden Finanzdienstleistung nicht von globalen Produktionsketten oder einem dramatischen Rückgang der Nachfrage betroffen – denn letztere muss seit Anbeginn der Branchenexistenz sowieso aktiv stimuliert werden.

Das ist Grund genug, einmal genauer hinzusehen, wie sich die Assekuranz dann, wenn das Schutzversprechen und die branchenimmanente Relevanz einmal flächendeckend schlagend werden, verhält – und welchen Beitrag sie in der Krise leistet. So viel vorab: Weder Deckungs- und Leistungsfragen noch Diskussionen zur Versicherbarkeit von Kumulrisiken sollen an dieser Stelle vertieft werden. Vielmehr geht es um gesellschaftliches Engagement, soziale Verantwortung und um Solidarität. Themen, die seit jeher kontrovers im Kontext des privatwirtschaftlichen Risikoausgleichs diskutiert werden.

Beobachtet man in anderen Industrien bspw. die Produktionsumstellung hin zur Herstellung von Schutzmasken anstelle von Kleidungsstücken, liegt für die Versicherungsbranche dahingegen auf der Hand, dass hauseigene Kompetenzen im Schwerpunkt in der Immaterialität, in der Kommunikation und in Netzwerken, schließlich in finanziellen Dimensionen begründet werden. Ebendiese gilt es also dieser Tage sinnvoll zu nutzen.

Und nach einer kurzen Sichtung der vielseitigen Initiativen steht eines fest: dessen ist sich die Branche bewusst. Getreu dem Motto „jeder macht, was er am besten kann“ lässt sich zumindest aus der Beobachtung heraus feststellen, dass sich die Versicherer dieser Tage nicht verstecken brauchen. Denn angefangen bei vielseitigen Assistance-Leistungen, die bspw. in der PKV von Telemedizin über Service-Hotlines bis hin zum 24/7-erreichbaren Chatbot reichen, und weitergehend über die Nutzung von Online-Plattformen zur Präsentation und Platzierung von Spendenaufrufen, laufende Gutschein-Aktionen für lokale Gewerbetreibende, die pauschale Entlohnung von Schadendienstleistern, vielfältige Beitragsstundungen für Kunden oder auch das Angebot flexibler Provisionssätze zur Unterstützung der Vertriebspartner bis hin zu kostenlosen Leistungsanpassungen oder sogar gänzlich kostenfreiem Versicherungsschutz für spezielle Zielgruppen und Zweige: die Branche ist sich ihrer Verantwortung durchaus bewusst.

Wohingegen Kritiker auch in solchen Aktionen Vertriebsabsichten suchen könnten – und finden werden, das liegt in der Natur des Geschäftsmodells –, denke ich, dass man es für den Moment auch dabei belassen kann, die unterschiedlichen Initiativen wertschätzend zu erwähnen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Zuletzt sind Nothilfefonds und Kulanzleistungen im Hintergrund der beispielhaften Aufzählung geblieben. Auch im Punkte Home-Office und Mitarbeiterunterstützung zeigt die subjektive Wahrnehmung, dass das durch Medien und Comedy-Produktionen der letzten Jahrzehnte geprägte Bild der Assekuranz exakt eines ist: antiquiert und überholt. Zwar musste „Corona“ der Digitalisierung einer konservativen Branche sicherlich etwas Nachdruck verleihen. Zumindest diesem Punkte werden alle Beteiligten jedoch in einer Zeit nach der Krise mit positivem Resumée begegnen.

Abschließend stellt sich für den Beobachter also wie so häufig die Gretchenfrage: Wann werden diese Aspekte außerhalb der Fachmedien kommuniziert und kommen in der breiten Wahrnehmung der Gesellschaft an? Nicht nur die Leistungsabteilung muss dieser Tage Chancen und Risiken strategisch bewerten; auch die Kommunikationsabteilungen sollten neben den Risiken vor allem die Chancen der globalen Ausnahmesituation würdigen und den Kritikern nicht unangefochten die Deutungshoheit überlassen… und ein Gegenpol zur medialen Diskussion der Deckungs- und Leistungsfragen wäre zweifelsohne nicht von Nachteil.