Noch zu Beginn des Jahres hat die Welt gespannt nach China geschaut, als sich das neuartige Corona-Virus COVID-19 zunächst langsam, dann jedoch nahezu unaufhaltsam seinen Weg über Ländergrenzen und Kontinente hinweg bahnte. Um eine weitere Ausbreitung des Virus einzudämmen haben die Regierungen vieler Länder der Welt Kontaktbeschränkungen und teilweise Ausgangssperren verhängt, Kitas, Schulen, Geschäfte usw. geschlossen, der Begriff „Lockdown“ gehörte auf einmal zum Alltag – so auch in Deutschland. Alle diesen Maßnahmen dienten (und dienen) dem Schutz der Bevölkerung und der Vermeidung eines Zusammenbruchs des Gesundheitssystems, haben jedoch auch einschneidende Folgen auf die deutsche Wirtschaft.
Auch die Versicherungswirtschaft sieht sich im Zuge der Corona-Krise mit Herausforderungen konfrontiert, stimmten die Befragten der Studie überein. Auch wenn insbesondere in der Veranstaltungsausfall-, Betriebsschließungs-, Kredit- und Reiserücktrittsversicherung mit stark steigenden Schadenquoten gerechnet wird, sind es weniger die Schadenleistungen, die der Assekuranz Kopfzerbrechen bescheren. Vor allem das Kapitalanlagemanagement wird nach Ansicht der Versicherer – die die größten Kapitalanleger in Deutschland sind – von den Auswirkungen der Krise betroffen sein. Knapp 50 % der Häuser rechnen mit einer negativen Kapitalanlageperformance, wobei insbesondere im Aktienbereich von einer stark negativen Entwicklung ausgegangen wird. Dennoch sieht sich die Minderheit der Befragten dazu veranlasst, Anpassungen an ihrer Asset Allocation vorzunehmen, was damit begründet werden kann, dass die Assekuranz zu großen Teilen in Rentenpapieren und weniger in Aktien investiert ist. Effekte auf die Kapitalanlage könnten somit vor allem dann erwartet werden, wenn es zukünftig schwierig(er) wird, aufgrund von geringem Marktwachstum und niedrigem Zinsumfeld angemessene Renditen zu erzielen.
Neben dem Kapitalanlagemanagement zählt auch der Vertrieb und folglich auch das Neugeschäft zu den Bereichen, die aus Sicht der Versicherer besonders von den Auswirkungen der Corona-Krise betroffen sind. Das ist nur zu verständlich, denn im Zuge der Krise und den damit verbundenen Kontaktbeschränkungen konnten (und können) Beratungsgespräche nicht wie gewohnt stattfinden. Zudem kann angenommen werden, dass die Bevölkerung angesichts der aktuellen Situation – zumindest in Teilen – besorgt ist, in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten, sodass Versicherungsneuabschlüsse zurzeit eine eher untergeordnete Rolle spielen. Dementsprechend rechnet mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer damit, dass das Neugeschäft der Versicherer in Deutschland infolge der Corona-Krise stark abnehmen wird. Davon werden insbesondere die beratungsintensiven Vorsorgezweige betroffen sein. „Gewinner“ (sofern diese so bezeichnet werden dürfen) in dieser für alle Häuser gewiss sehr schwierigen Zeit sind jedoch nicht nur diejenigen, die in Hinblick auf die Digitalisierung schon weit vorangeschritten sind, sondern auch diejenigen Versicherer, die hier gegebenenfalls noch Nachholbedarf hatten. Dass die Corona-Krise der Assekuranz einen Digitalisierungsschub versetzt, glaubt die Mehrheit der Studienteilnehmer und sieht darin auch eine Chance für die Branche, die der Krise – mit allen ihren Schattenseiten – abgewonnen werden kann. Für ihr eigenes Haus erwarten demnach nahezu alle Befragten, dass die digitale Transformation nun (noch) schneller vonstattengeht. Der Großteil der Mitarbeiter im Homeoffice, die breite Nutzung digitaler Kundenschnittstellen, Meetings, die zuvor ausschließlich als Präsenzmeetings abgehalten wurden bzw. werden durften, sind nur wenige Beispiele für den steigenden Bedarf an digitalem Arbeiten, der nun deutlicher wird denn je, und der die Versicherer vorantreiben wird.
Im Zuge der nun beschleunigten Digitalisierung glaubt eine große Mehrheit der Studienteilnehmer zudem an eine stärkere Nutzung des Online-/Direktvertriebskanals. Diese Annahme sowie die Problematik nicht wie üblich stattfindender persönlicher Beratungsgespräche könnten Gründe dafür sein, dass die Unternehmen die Anzahl der Vermittler infolge der Krise abnehmen sehen – kurzfristig sogar stärker, als es die bisherige Tendenz ohnehin schon zeigt.
Zu einem Großteil stellten die Versicherer fest, gut auf eine derartige Krise, wie sie COVID-19 verursacht hat, vorbereitet gewesen zu sein. Insgesamt bleibt jedoch weiterhin abzuwarten, was die zukünftigen Entwicklungen der Krise mit sich bringen werden: Was bewirken die aktuellen Lockerungen der Kontaktbeschränkungen, die wir in diesen Tagen erleben dürfen? Wie werden sich die Infektionszahlen entwickeln? Steht eine zweite Welle schon vor der Tür oder können wir möglicherweise doch mit einer leichten Erholung der Wirtschaft rechnen?! Der Ausgang der Corona-Krise bleibt weiterhin offen – sowohl für die Gesamt- als auch die Versicherungswirtschaft…