In Deutschland, aber auch im Euroraum hat die historisch beispiellose expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank den Zinstrend beschleunigt und zu einem ausgeprägten Niedrigzinsumfeld geführt. Die resultierenden Unsicherheiten stellen die deutsche Versicherungswirtschaft vor vielfältige Herausforderungen – insbesondere solche Häuser mit langfristigen Garantien im Bestand, also vor allem Lebensversicherer. Versicherungsunternehmen müssen deshalb neue Strategien entwickeln, um sich an das aktuelle Umfeld anzupassen: Besonders tangiert werden die Weiterentwicklung des Produktspektrums, innovative Ansätze in der Kapitalanlagepolitik sowie Maßnahmen zur Stärkung der Risikotragfähigkeit. Im Spannungsfeld von Risiko und Rendite müssen rentierliche Assets bei sinnvoller Duration eingekauft werden.
Neben dem Niedrigzinsumfeld hat die COVID-19-Pandemie weltweite Marktbedingungen stark beeinflusst: global zunehmende Marktunsicherheiten verstärken Risikolagen und beeinflussen Risikoprämien. Parallel erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines langanhaltenden Niedrigzins-Szenarios zusätzlich. Die kombinierten Auswirkungen niedrigerer Renditen und erhöhter Marktunsicherheit fordern Versicherer erheblich. Die Pandemie wirkt als Brandbeschleuniger, wie Dr. Torsten Utecht ausführt:
„Die Pandemie war selbstverständlich eine zusätzliche Belastung. Aber auch nicht unbedingt ein Game-Changer bei den generellen Trends, die wir in der Branche sehen und auch erwarten, sondern eher ein Beschleuniger für manche Entwicklungen. Exemplarisch sei eben mal hervorgehoben – wir leben die ganze Zeit schon in einem Umfeld extrem niedriger Zinsen – und hier hat es jetzt nochmal ein Bewegung nach unten gegeben und vielleicht auch eine Verschärfung was den Ausblick anbetrifft.“
− Dr. Torsten Utecht, CFO Zurich Gruppe Deutschland
Auch regulatorische Stellschrauben sind sensibel zu berücksichtigen, denn trotz Korridormethode: Die Finanzierung der ZZR belastet die Ergebnisse deutscher Lebensversicherer weiterhin und erhöht den Renditedruck. Zugleich darf die Solvenzsituation niemals außer Acht gelassen werden, deren Rahmenbedingungen aktuell auf dem Prüfstand stehen und sich im Wandel befinden. Eine Veränderung des Höchstrechnungszins hingegen, so Dr. Utecht, werde im kommenden Jahr jedoch wahrscheinlich ausbleiben.
Das gesamte Interview mit Dr. Torsten Utecht finden Sie hier: