Große, weltweit agierende Digitalkonzerne haben in den letzten Jahren mehr und mehr an Größe und Stärke gewonnen. Durch ihre Marktstellung können sie nicht nur innerhalb der jeweiligen Branchen zur gefährlichen Konkurrenz werden, sondern auch über die eigentlichen Branchengrenzen hinaus die Erwartungen und Wünsche von Kunden beeinflussen. So setzen verschiedene Digitalkonzerne bei Produkten − aber vor allem auch bei Kommunikationswegen − neue Standards, die fortan vom Kunden als selbstverständlich wahrgenommen werden: Digitale und einfache Lösungen werden zur Gewohnheit und der Anspruch auch im Kontakt zu anderen Unternehmen nimmt deutlich zu. Dies führt dazu, dass die Kundenkommunikation ein entscheidendes Unterscheidungsmerkmal im unternehmerischen Wettbewerb darstellt. Auch Versicherer spüren diesen Trend. Um diesen Entwicklungen zu begegnen, lernen auch sie nach und nach von den Entwicklungen und setzen neue Formen der Kommunikation um.
Unter anderem die Entwicklungen in der Kundenkommunikation der 25 größten deutschen Versicherungsunternehmen haben wir in der Studie „Das Innovationsbarometer“ untersucht. Dabei zeigen die Ergebnisse deutliche Unterschiede je nach Unternehmensgröße, Sparten und Zielgruppe. Die einzelnen Umsetzungen innovativer und digitaler Kommunikationswege lassen sich dennoch in gewisse Cluster überführen, die nachfolgend vorgestellt werden.
Moderne Informationsbereitstellung:
Um neue Kunden zu gewinnen und Bestandskunden zu halten, ist es essenziell ihre Bedarfe ins Bewusstsein zu bringen und auch den ersten Kontaktpunkt in besonderer Weise zu gestalten. Dieser Kontakt bildet die Grundlage für viele Folgeentscheidungen beim Kunden. Nicht zuletzt wird der Kauf eines Versicherungsproduktes vom Bauchgefühl mitbestimmt. Dabei spielen Sympathien zum Kommunikationspartner und das Maß an individuell zugeschnittenen Lösungen eine entscheidende Rolle. Versicherer haben verschiedene Ideen entwickelt, wie sie entweder niederschwellig, persönlich oder mit Hilfe von digitalen Lösungen, die Aufmerksamkeit von Kunden gewinnen können. Bei der Allianz beispielsweise ist der Abruf von Informationen zu Produkten über Alexa möglich. Die Debeka gibt Produktempfehlungen auf Basis individueller Lebensphasen, während die Gothaer mit Virtual Reality (VR) einen Rundgang durch ein Haus anbietet, der Schadenquellen und Präventionsmaßnahmen im Haus realitätsnah erlebbar macht. Als anderen Weg hat beispielsweise die ERGO ein Onlinemagazin rund um die Themen Digitalisierung und Innovationen (next by ERGO) herausgebracht, in dem auch verschiedene versicherungsfremde Themen platziert werden.
Online-Beratung
Die digitale Unterstützung der Makler und Vermittler durch den Versicherer bildet ein zentrales Element der Kundenkommunikation. Durch verschiedene Tools kann der Beratungs- und Vertriebsprozess digital unterstützt und damit individueller auf die Bedürfnisse des Kunden abgestimmt werden. Der Makler hat somit verschiedene digitale Kanäle, über die er mit dem Kunden interagieren kann. Auch durch die Pandemie, hat die virtuelle Beratung einen enormen Sprung gemacht. Die digitale Zusammenarbeit zwischen Versicherern und dem Vertrieb vereinfacht den Prozess (beispielsweise das Bereitstellen von Informationen in Echtzeit), das im Endeffekt einen großen Mehrwert für den Kunden bringen kann.
Online-Rechner und Online-Abschluss
Der Online-Rechner als Informationsquelle und Vergleichsmöglichkeit ist für den Kunden mittlerweile zum Standard geworden. Natürlich gibt es Unterschiede in den Sparten, denn die Umsatzbarkeit ist bei weniger komplexen Produkten deutlich leichter als bei Lebens- oder Krankenversicherungsprodukten. Der Abschluss erfolgt dann aber nicht selten trotzdem offline. Der Kunde, der die digitalen Möglichkeiten der Informationsbeschaffung und des ersten Kontakts mit einem Versicherungsunternehmen wählt, ist meist hybrid. Er wechselt also zwischen Online-Welt und dem direkten persönlichen Kontakt innerhalb seiner Customer Journey hin und her. Diese beiden Welten miteinander zu verbinden und somit die größtmögliche Flexibilität zu ermöglichen, kann zu einer hohen Kundenzufriedenheit beisteuern.
Live-Chat
Der schnelle Abruf von Informationen wird in der digitalen Gesellschaft immer wichtiger. Vor allem jüngere Generationen, die damit aufgewachsen sind, möchten die Möglichkeiten einer schnellen, digitalen Interaktion haben. Dabei sind junge Leute immer stärker auf das Chatten konditioniert und empfinden diesen Kontaktweg als niederschwellig und angenehm. Einfache Fragen können über Live-Chats direkt gelöst und ein erster Kontaktpunkt zum Kunden aufgebaut werden. Versicherer, die einen Live-Chat anbieten sind beispielsweise die Allianz, Generali, HUK-Coburg, Provinzial und SV SparkassenVersicherung.
Online-Portal
Auch nach Abschluss eines Versicherungsproduktes ist es vorteilhaft, die Kommunikation zum Kunden nicht zu verlieren. Eine Möglichkeit, mit der nebenbei viele Mehrwerte für den Kunden geschaffen werden, ist das Online-Portal. In diesen Portalen, die mittels App oder Webversion genutzt werden können, sind verschiedene Funktionen integriert. Kunden können selbstständig persönliche Daten ändern, Verträge verwalten, Schäden melden und Rechnungen einreichen. Teilweise können auch Dokumente abgerufen, Einblicke in die Finanzen ermöglicht und der Bearbeitungsstatus von Anträgen eingesehen werden. Mittlerweile bietet fast jeder der größten deutschen Versicherer solche Lösungen an.
Die Kundenkommunikation hat sich in den letzten Jahren im Zuge neuer Technologien und digitaler Möglichkeiten stark verändert. Sie stellt einen Wettbewerbsfaktor dar und ist vor allem im Neukundengeschäft bei jüngeren Personen ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal. Aber auch die Begleitung der Kunden bekommt eine immer stärkere Relevanz. Das Geschäftsmodell des Versicherers wird sich stets verändern, in der die Kundenkommunikation ein integraler Bestandteil sein wird.
Ora et labora – bete und arbeite. Dieses aus dem Mittelalter stammende Prinzip wurde von den Benediktinermönchen als Maxime verwendet. Ein Leben, das ausschließlich mit Arbeit und Glauben gefüllt ist. Heute passt dieses Modell nicht mehr in unser Arbeitskonzept. Immer mehr Menschen möchten sich mit ihrer Arbeit verwirklichen.
Arbeitswelt 4.0 – Der Arbeitsplatz von morgen
Der Begriff „New Work“ beschreibt verschiedene Modelle im Arbeitsumfeld, die von singulären Maßnahmen bis hin zu einer ganzheitlichen organisatorischen Umsetzung reichen können. Ursprünglich geht der Begriff auf Frithjof Bergmann zurück, der in den 70er Jahren Arbeit als Möglichkeit zur individuellen Selbstverwirklichung verstand. In der Zwischenzeit hat sich der Begriff weiterentwickelt und ist in der Arbeitswelt 4.0 angekommen. In dieser Arbeitsform verschwimmen die Grenzen zwischen Privat- und Berufsleben immer stärker, was die Anforderungen an eine flexiblere Unternehmensstruktur erhöht.
Die Digitalisierung, neue Technologien und die Automatisierung vieler Prozesse beschleunigen diesen Trend. Dabei steht das Thema Vertrauen stark im Vordergrund – und das in beide Richtungen; also zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. In einer Zeit, in der es einen großen „War for Talents“ gibt, spielen deshalb die Umsetzung und die verschiedenen Angebote des Arbeitgebers im Themenkomplex New Work eine entscheidende Rolle. Führungskräfte müssen deshalb überdenken, wie Arbeit, Leben und Selbstverwirklichung zusammenpassen.
New Work ist auch in der Versicherungswirtschaft angekommen
Das Thema New Work war in der Trendstudie „Das Innovationsbarometer“ Gegenstand der Unternehmenseinzelbetrachtungen. Genauer gesagt wurden die konkreten Einzelmaßnahmen sowie organisatorischen Veränderungen im Unternehmen beleuchtet. Von Jobsharing-Modellen, über den Einsatz agiler Methodiken bis hin zu verschiedenen Freizeitangeboten sucht sich jedes Unternehmen seinen eigenen Weg, die Flexibilität und damit das Wohlbefinden der Mitarbeitenden zu verbessern und gleichzeitig Effizienzsteigerungen zu erzielen. Die Versicherungsbranche, die bislang über sichere Arbeitsplätze und gute finanzielle Absicherungen Mitarbeiter für sich werben konnte, spürt die Konkurrenz um Talente nun auch durch Start-ups oder große Digitalkonzerne. Somit steigt auch für Versicherer der Druck, vermehrt auf neue Arbeitsformen zu setzen, um Mitarbeiter:innen zu gewinnen und zu binden.
Was viele der 25 betrachteten deutschen Versicherer vereint, sind der Ausbau flexibler Arbeitszeiten und zur Telearbeit. Darüber hinaus wird mit Angeboten wie einem betrieblichen Gesundheitsmanagement und Kooperationsvorteilen, bei denen Mitarbeiter beispielsweise Punkte sammeln und bei Kooperationspartner gegen Produkte einlösen können, sowie Freizeitbereichen ein besonderes Arbeitsumfeld geschaffen. Mit Qualifizierungsprogrammen zu digitalen Kompetenzen und der Anwendung von agilen Projektformen und Methodiken wie Design-Thinking, Lean Canvas, Scrum, Kanban und DevOps verändert sich auch das Arbeitsleben an sich. Einfache Linientätigkeiten werden nach und nach aufgebrochen und Mitarbeiter handeln vermehrt unternehmerisch. Die agilen Arbeitsformen werden unterstützt durch eine sich verändernde Bürolandschaft mit flexiblen Arbeitsplätzen in Open Spaces und modulare Büroausstattungen. Seit einigen Jahren ist darüber hinaus erkennbar, dass solche Themen vermehrt in Workshops bearbeitet werden und Versicherer mit intern organisierten Hackathons eigene Innovationen erarbeiten.
Agile Arbeitsformen in der Praxis
Zusätzlich zu diesen neuen Angeboten und Arbeitsweisen bearbeiten einige Versicherer in spezifischen Programmen oder Ausgründungen „New Work“ umfassend. So hat die Nürnberger Versicherung mit dem Projekt FutureWork:N einen ganzheitlichen Ansatz umgesetzt, um eine neue Arbeitswelt in den Bereichen Mensch, Methode und Umfeld zu schaffen. In interdisziplinären Teams wird agil an wechselnden Projekten gearbeitet. Auch die Allianz hat das Arbeitsumfeld umgestaltet und unterstützt so den Einsatz agiler Methodiken. In ihrer Global Digital Factory hat sie Themenräume aufgebaut, die sich an den Gestaltungsprinzipien der Flexibilität, Transparenz und Multifunktionalität orientieren. Ähnlich dazu funktioniert das New Way of Working der AXA. Ein offenes Raumkonzept sowie individuelle Arbeits- und Kreativflächen sollen eine transparente, schnelle und flexible Zusammenarbeit fördern und Arbeitsroutinen durchbrechen.
Bei der Zurich werden neue Standorte mit verschiedenen Gesundheitsmodulen gebaut, die Auszeit vom Schreibtisch bieten, wie Mini-Trampoline, Desk Bikes und Power Napping Räume. Den Gesundheitsaspekt greift auch die Generali auf, indem Sie ihr Vitality Programm ihren Mitarbeitern zur Verfügung stellt. Hierdurch wird die Gesundheit der Mitarbeiter auch außerhalb der Arbeitszeiten gefördert.
Die R+V bietet mit ihrer Akademie verschiedene Aus- und Weiterbildungsangebote an, mit dem Ziel Digitalisierungskompetenzen zu stärken und bei Innovationen zu unterstützen. In modern ausgestatteten Seminar- und Workshop-Flächen ist Kreativarbeit möglich sowie E-Learning Angebote vorhanden.
Die Anforderungen sowohl an die Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Nach und nach werden Möglichkeiten geschaffen, um den Individualisierungs- und Selbstverwirklichungstrend in der Gesellschaft zu begegnen und als Arbeitgeber attraktiver zu werden. Die Versicherungsbranche hat diesen Trend erkannt, wie sehr sie ihn für sich nutzen kann, bleibt abzuwarten.
Weitere Informationen sowie das Bestellformular zur Studie finden Sie hier.